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Der Judengang in diesem Jahre, wie die gesamten Veranstaltungen im Gedenken an die Pogromnacht des 9. November 1938, darf nicht als Schlußstrich der Vergangenheit gelten, sondern muß Gelöbnis für die Zukunft sein. Darum muß dieser Judengang zu einer dauernden Einrichtung werden, als Mahnung und Ansporn, aus einer schrecklichen Vergangenheit eine bessere Zukunft zu gestalten. Ich machte den ersten Judengang als Gefangener mit. Wir gingen mit erhobenem Haupt. Das bezeugen auch die noch vorhandenen Bilder. Was zu unserer Beschämung gedacht war, erfüllte uns mit Stolz. In einer verruchten Welt waren wir Zeugen der Menschwürde, entrechtet erhoben wir unser Haupt als Verkünder des Rechts und der Gerechtigkeit in einer rechtlosen Welt, als Kinder Gottes im Bunde mit Gott stehend gaben wir Kunde von unserem Glauben an Gott in einer Welt, die Gott geächtet hatte. Rückblickend können wir sagen, daß unter den vielen und meist verschmähten Beiträgen zum ethischen Leben der Deutschen, die die deutschen Juden machten, dieser Gang für Oldenburg der letzte und vielleicht größte Beitrag war. Er war die letzte Botschaft der Juden, um die sie dann im Holocaust grausamst ermordet wurden. Die Zukunft Deutschlands als ein Land ethischer Menschen ruht weitgehend auf der Lehre, die aus dem Vermächtnis der deutschen Juden spricht. Darum darf dieses Vermächtnis, wie auch das Verbrechen, das an den Juden begangen wurde, niemals vergessen werden. Aus der Erinnerung kann dann Erneuerung kommen, und aus Erneuerung Sühne. Der Judengang in Oldenburg entsprang einer spontanen Bewegung Oldenburger Menschen, die, obwohl zur Zeit des Geschehens meist noch nicht lebend, die Erinnerung als bedeutsame Lehre für immer wachhalten wollen. Er ist ein Wegweiser zur Erneuerung. Er ist als solcher von unermeßlicher Bedeutung. Darum will ich ihn mitmachen, damit die Zukunft besser werde. P r o f . D r . L e o T r e p p , l e t z t e r L a n d e s r a b b i n e r v o n O l d e n b u r g ( 1 9 3 6 – 1 9 3 8 )

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Flyer 1988 innen


„Was habe ich denn getan ?!” – Große Beteiligung am Oldenburger Judengang. 11.11.1988. Quelle: Nordwest-Zeitung, Oldenburg
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In der Pogromnacht zerbrach mehr als Mauern und Glas. 5. 11. 1988.
Quelle: Nordwest-Zeitung, Oldenburg
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Michael Daxner
Der Splitter des Bösen
Gedenkrede zum 50. Jahrestag der Pogrome am 9. November 1938
Westerstede, 10. November 1988